Mittwoch, 27. Juni 2012 11:18 Uhr
URL: http://www.buerstaedter-zeitung.de/region/buerstadt/12132295.htm
Kirche - vertreten durch Pfarrer Peter Kern (Foto oben links), Politik - vertreten durch Bürgermeister Alfons Haag (oben Mitte) und Erster Kreisbeigeordneter Thomas Metz (oben rechts) - , Ausländer- und Migrationsamt sowie die Lernmobil-Initiatoren an einem Tisch: Der Elternintegrationskurs im Pfarramt St. Peter wird begrüßt. Fotos: AfP Asel
Von Björn Thomsen
LERNMOBIL Seit 4. Juni finden in Bürstadt Elternintegrationskurse statt / 17 Teilnehmer haben sich schon eingeschrieben
„Rund jeder zehnte Einwohner im Kreis Bergstraße hat nicht die deutsche Staatsbürgerschaft“, rezitierte Thomas Metz, Erster Kreisbeigeordneter, eine statistische Kennziffer, die kaum deutlicher die Integration von Migranten betonen könnte. Doch man kann dieses Zahlenspiel überbieten: Allein in Bürstadt leben Menschen aus etwa 70 verschiedenen Nationen - darunter zahlreiche junge Eltern. Pädagogische und soziale Bildungsarbeit hat sich der Verein Lernmobil auf die Fahnen geschrieben, der nun auch Bürstädter Migranten Hilfe in der neuen Heimat leistet.
„Sie waren in einer Not, Sie haben einen Raum gesucht. Da gab es keinen Grund, Ihnen ‚nein‘ zu sagen“, erläuterte Pfarrer Peter Kern den Erstkontakt mit dem Lernmobil. Die Pfarrgemeinde hielt Wort. Seit 4. Juni bietet der gemeinnützige Verein Elternintegrationskurse in den Räumlichkeiten des Pfarramts St. Peter an. Mütter und Väter bekommen hier nun Sprachkenntnisse und eine kulturelle Orientierung vermittelt. Ist der Nachwuchs zu jung für die Schule oder den Kindergarten, so darf während des Unterrichts ein Betreuungsangebot im Nachbarzimmer wahrgenommen werden. 17 Teilnehmer zählt mittlerweile der Kurs.
„Das Thema wird uns solange begleiten, solange wir uns verbessern wollen“, lobte Bürgermeister Alfons Haag das Projekt und dessen Initiatoren: „Der Verein ist nicht privat-wirtschaftlich“, wollte Gerd Baltes, einer der pädagogischen Leiter des Lernmobils, gleich zu Beginn einer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag, 26. Juni, feststellen. „Schwerpunkt waren erst mal die Kinder“, setzte er seine Ausführungen fort und erinnerte an vier Ganztagsschulen. „Der Erwachsenen- hat sich am Kinder-Bereich orientiert“, benannte seine Kollegin Brigitta Eckert den nachfolgenden Schritt. In der Praxis sieht das dann so aus: „Integrationskurse bilden den Schwerpunkt“, erläuterte sie. Aber auch eine aktive Bürgerbeteiligung sei gewünscht. „Migranten müssen sich selbst beteiligen, um ihre Lage zu verbessern“, ebenso müssten „Eltern qualifiziert werden in ihrer Kompetenz als Eltern.“
„Wie rufe ich in der Schule an und entschuldige mein Kind? Was ist eine weiterführende Schule?“ Diese und ähnliche Fragen bereiteten Ausländern häufig Kopfzerbrechen, betonte Larysa Kay-Kulakowski, Abteilungsleiterin für die Erwachsenenbildung. In den Kursen erfahren die Teilnehmer deshalb, wie Kindergärten und Schulen funktionieren. „Der Elternintegrationskurs umfasst 900 Unterrichtsstunden“, klärte Monika Vogler, Regionalkoordinatorin Integration des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, über das Lernpensum auf. Neun Module würden die Eltern mehr und mehr zum Ziel geleiten, „dass sie sich im Alltag ausdrücken können“. Während das Lernmobil auf Bundes-, Länder- und Kreisebene sowie auch von kommunaler Seite unterstützt wird, müssen die Teilnehmer lediglich einen Betrag von 1,20 Euro pro Unterrichtsstunde entrichten. Unter bestimmten Voraussetzungen - etwa bei Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe - könne beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Befreiung von diesen Kosten beantragt werden.
„Integrationsarbeit gehört nicht an den Rand, sondern in die Mitte der Gesellschaft“, bekundete Metz sein Engagement für das Lernmobil. „Wir haben das Instrument der Integrationskurse seit 2005 auf der Agenda“, erzählte er weiter. Dass nun auch in Bürstadt solch ein Kurs angeboten werde, ist damit die schlüssige Konsequenz. Erlernt wird aber nicht nur die Sprache oder das eigenverantwortliche Verhalten als Elternteil - die Integrationskurse haben auch formal eine wichtige Funktion. Einbürgerungsfristen werden verkürzt. Das Ausländeramt erkenne diese Zertifizierungen an. Klar, zuvor müssen die Teilnehmer einen Test absolvieren.
Montags, dienstags, donnerstags und freitags findet zukünftig der Integrationskurs für Eltern im Pfarramt St. Peter statt. Um einen Kurs zu absolvieren, müsse eine Sprachpüfung „Deutsch-Test für Zuwanderer“ (DTZ) abgelegt werden. „Der Anlauf war für uns in Bürstadt nicht leicht“, erinnerte Larysa Kay-Kulakowski, doch jetzt habe man es endlich geschafft. Besonders über Kindergärten und Schulen habe man Kontakt zu Migranten und Unterstützern gesucht.
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